Freitag, 15. Mai 2020

Schwein und Wein bei Tisch




Fleisch und Wein können so unglaublich billig sein. Warum ist das so? 
Weil beide Produkte unter Missachtung von Umweltschutz, Gesundheitsschutz, Tierschutz und Sozialstandards erzeugt werden können.

Dazu ein Beispiel: Hunderte Schlachthof-Beschäftigte der Firma Westfleisch im westfälischen Kreis Coesfeld erkrankten am Corona-Virus, weil sie räumlich so beengt untergebracht wurden wie die Schweine, die sie vorher geschlachtet haben. Schweine werden während ihrer Mast prophylaktisch mit Antibiotika behandelt um Krankheiten und Seuchen zu verhindern. Die Arbeits-und Wohnsituation der Schlachter/Zerleger zu kontrollieren, fiel den Behörden dagegen erst ein, als in vielen Schlachthöfen immer mehr Arbeiter erkrankten. 

Genauso ergeht es legalen oder illegalen Erntehelfern, Tagelöhnern und Saisonarbeitern aus Osteuropa und Afrika in der europäischen Landwirtschaft, auch in Weinbaubetrieben. Sie nächtigen in Lagerschuppen und unter Plastikplanen im Freien, sie arbeiten mehr Stunden als ihnen bezahlt werden. Das haben wir selbst gesehen, als wir Weinbaubetriebe besichtigten. Dabei geht es manchen Weingutbesitzern finanziell sehr gut. Anderen dagegen nicht viel besser als ihren Arbeitern. Eines Tages werden viele der kleineren Landwirte und Winzer vor der Macht ihrer Großkunden kapitulieren und aufgeben müssen. 

Schweineschnitzel zu 5,29 Euro das Kilo, eine Flasche Biowein zu 2,49 Euro - das kann und darf nicht sein. Das ist nicht nachhaltig und es ist für alle, die daran beteiligt sind, ungesund! Für echten Biowein, den man mit gutem Gewissen trinken kann, muss man je nach Herkunft 6-8 Euro ausgeben und wer auf Genuss Wert legt, sollte mindestens 10 Euro bezahlen. Leistung, Qualität und Preis stehen in direktem Zusammenhang. 

Es fehlt Verbrauchern nicht an Informationen über die Zustände in der subventionierten Massentierhaltung und der konventionellen Landwirtschaft, in der nur noch wenige schlecht bezahlte Arbeitskräfte beschäftigt sind. Wir alle haben die Nachrichten gelesen über die Urwaldrodungen in Brasilien und Indonesien, über Fleischexporte nach China, Japan, Korea oder Afrika. Wir alle wissen, dass unsere Böden an den Exkrementen mit Rückständen verabreichter Antibiotika und sonstiger Medikamente ersticken. Rückstände, die sich dann in wachsenden Pflanzen, im Tierfutter und auch in unserer Nahrung und im Trinkwasser wiederfinden.

Es geht auch anders. Das beweisen zahlreiche Biobetriebe, obwohl auch in der Biolandwirtschaft ähnliche Tendenzen vorhanden sind. Das sehen wir, wenn uns Bioweine für 0,65 Euro die Flasche inklusive Kork, Flaschenkapsel, Etikett und Bio-Zertifikat angeboten werden. Wir handeln nicht mit solchen Weinen, weil wir wissen, wie es hinter den Kulissen aussieht. Umsatz und Gewinn um jeden Preis ist unsere Sache nicht.

Ich kann nur an Ihre Intelligenz appellieren: kaufen Sie gute Produkte, deren Herkunft nachvollziehbar ist, bei kleinen Händlern und nicht bei marktbeherrschenden Monopolisten und Aktiengesellschaften und bezahlen Sie faire Preise dafür. Das ist besser für die Zukunft, für Sie und Ihr Wohlbefinden.

Herzliche Grüße

Ihr Erich Hartl