Dienstag, 1. Oktober 2019

Das Tannin und der Wein

Erich Hartl hartl@weinpur.de http://www.biowein-pur.de/
Sangiovese - kleinbeerig, dickschalig, dunkelfarbig, tanninreich
Wenn Ihnen ein junger Rotwein geschmacklich nicht zusagt – zu herb, zu bitter, zu sauer – besteht die Chance, dass er mit zunehmendem Alter milder schmeckt, weil die enthaltenen Tannine weicher werden und ein Teil der Säure oxydiert und damit weniger auffällig wirkt.
Sie wissen ja, dass alle Trauben mehr oder weniger viele Gerbstoffe, Tannine genannt (kommt von der französischen Bezeichnung „Tanin“) enthalten. Tannine sind nicht nur in den Trauben, sondern auch in den Blättern und Zweigen der Rebe enthalten. Sie schützen die Rebe vor Insekten, Pflanzenfressern und Mikroorganismen.
Welche Auswirkungen Tannin auf den Geschmack von Wein haben kann, werden Sie feststellen wenn Sie eine reife Weinbeere in den Mund nehmen,  den süßen Saft aus der Beere lutschen und hinunterschlucken. Dann kauen Sie eine Weile auf der verbleibenden Schale der Weinbeere und den Kernen, wobei das darin enthaltene Tannin einen bitteren, adstringierenden und herben Geschmack des Catechins (ein Bestandteil des Tannins) freigibt. 
Tannin-reiche Traubensorten haben in der Regel kleine dickschalige dunkelfarbige Beeren wie Cabernet Sauvignon, Syrah, Malbec, Mourvedre, Nebbiolo, Sangiovese und einige mehr. Tannin-arme Rebsorten sind Trollinger, Merlot, Grenache, Pinot Noir, Gamay, Cinsault und einige andere.
Welche Menge Tannin der Trauben in den Wein gelangt, hängt von ihrer Verarbeitung ab. Wird der Saft mit sehr hohem Druck aus den Beeren gepresst, ist es mehr als bei niedrigem Druck.  Die Menge und die Qualität des Tannins hängt auch davon ab, ob die Beeren mit oder ohne Rispen und Stielen, die ebenfalls Tannin enthalten, vergoren werden.
Bei einer 6-8 wöchigen Gärzeit, während der der Wein auf der Maische liegt, gelangt mehr Tannin in den Wein. So lange Gärzeiten gibt es häufig bei hochwertigen Bordeauxweinen, die überwiegend aus Cabernet Sauvignon und Malbec gekeltert werden. Bei einer kurzen Gärung von nur wenigen Tagen, wie es bei Beaujolais Primeur und anderen jung zu trinkenden Weinen praktiziert wird, kommt vergleichsweise wenig Tannin in den Wein.
Tannin-reiche Bioweine können problemlos eine Lebensdauer von 10, 20 und mehr Jahren besitzen. In jungen Jahren sind sie dafür aber fast ungenießbar. 
Tannin-reiche Weine werden häufig in Barriques-Fässern gereift. Das Tannin des Eichenholzes geht dabei fast gar nicht in den Wein über. Der Hauptanteil des Tannins im Wein stammt aus der Traube und nicht vom Fass!
Während der Reifung im Barrique findet ein Sauerstoffaustausch statt, der das Tannin oxydieren lässt und den Wein runder, weicher und geschmacklich angenehmer macht. Es fügt dem Wein je nach Herkunft der Eiche zusätzliche interessante Aromen bei. Der Geschmack und Geruch von Eiche ist bei einem guten, im Barrique-gereiften Wein kaum wahrnehmbar.
Für den Wohlgeschmack des Tannins ist die Reife der Weinbeeren maßgebend. Man kann sie an der dunkleren Farbe der Kerne erkennen und daran, dass sich das Fruchtfleisch leicht von den Kernen lösen lässt. Zur Sicherheit verwenden Winzer einen Refraktometer, um den Zuckergehalt festzustellen oder fertigen eine Analyse an, die alle wichtigen Inhaltsstoffe anzeigt.
Die in der konventionellen Weinbereitung erlaubten Geschmacksverändernden Hilfsstoffe wie önologisches Tannin sind bei der Bioweinbereitung nicht zugelassen.
Herzliche Grüße
Erich Hartl