Freitag, 31. Mai 2019

Grün wählen und Grün handeln

Erich Hartl hartl@weinpur.de http://www.biowein-pur.de/
Garantiert mückenfrei: Totgespritzter Weinberg
20 % der Bevölkerung haben bei der Europa-Wahl ihre Stimme für GRÜN abgegeben. Auch wir. Schließlich engagieren wir uns seit 1983 für den biologischen Weinbau, indem wir mit europäischem Biowein handeln. 
Wenn der Umsatz im Bio-Lebensmittelbereich jedoch nur ca. 10 % des Gesamtumsatzes vom Handel mit Lebensmitteln beträgt, dann frage ich mich,wo und was die restlichen 10 % der GRÜNEN-Wähler einkaufen?
Es ist unstrittig, dass die konventionelle Landwirtschaft mit Massentierhaltung und dem Einsatz von Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden nicht nur mitverantwortlich für Luft- und Wasserverschmutzung ist, sondern auch für das Artensterben (Flora und Fauna), also für das Verschwinden von Bienen, anderen Insekten, Vögeln, Wildtieren und Mikroorganismen im Boden.
Weintrinker wissen vermutlich nicht, dass im konventionellen Weinbau mehr Chemikalien gespritzt werden als in allen anderen landwirtschaftlichen Kulturen. In so behandelten Weinbergen blüht keine Blume mehr,  die Anzahl der Mikroorganismen im Boden ist geringer als im Wüstensand,  Vögel nisten nicht mehr in den Weinbergen und Insekten gibt es schon lange nicht mehr. Wie groß die Umweltschädigung im Weinbau insgesamt ist, lässt sich erahnen, wenn man bedenkt, dass nur rund 6 % des bei uns konsumierten Weines aus biologischer Erzeugung kommt. Da ist es zynisch, wenn man, wie mir eine Kundin erzählte, den Urlaub am liebsten zwischen totgespritzten Reben verbringt, weil man dort sicher sei vor Mücken.
Wie viel Umweltbewusstsein ist von 80 % der Nicht-GRÜN Wählenden zu erwarten, wenn nur 10 % der GRÜN-Wähler verstehen, dass sie mit ihrem Kauf- und Essverhalten die Umweltverschmutzung reduzieren und Gutes für Ihre Gesundheit tun könnten? 
Ich wundere mich auch über Kollegen, die Biowein aus Übersee über eine Strecke von bis zu 24.000 km mit dem Schiff nach Deutschland transportieren lassen. Als ob wir in Europa nicht genügend Wein in allen Farben, aus allen Rebsorten und Preislagen hätten. Oder über jene, wie den Bioweinhändler, der kürzlich eine Weinreise nach Südamerika organisiert hat. 
Oute ich mich mit diesen Fragen und Gedanken als Spießer, bin ich kleinlich, rückständig, provinziell oder naiv?
Ich freue mich auf eine Diskussion mit Ihnen.
Herzliche Grüße,
Ihr Erich Hartl

Montag, 27. Mai 2019

Klima und Weinbau - von den Römern bis heute

Erich Hartl hartl@weinpur.de http://www.biowein-pur.de/
Steillage am Rhein

Der Gewohnheit der Römer Wein vor allem zum Essen zu trinken, hat sie vor ca. 2.000 Jahren veranlaßt, Reben sogar in klimatisch so ungünstigen Regionen wie England und Deutschland anzubauen.

Essen mit Weinbegleitung war bei den Römern eine Gewohnheit, auf die sie auch in den von ihnen besetzten Gebieten nicht verzichten wollten. Da der Nachschub aus dem Süden zwar in Amphoren möglich war, aber viel Zeit beanspruchte und der Wein nach dem Eintreffen im Norden oft nicht mehr genießbar war, wurden Reben gepflanzt um Wein vor Ort erzeugen.

Die Römer wussten, dass Reben eine lange Vegetations- und Reifezeit, also viele Sonnentage mit möglichst langer täglicher Sonneneinstrahlung, benötigen um trinkbare Weine erzeugen zu können. Folglich suchten Sie sich möglichst steile Hänge in südöstlicher bis südwestlicher Ausrichtung entlang der Flussläufe aus. Sie wussten auch, dass das Mikroklima in der Nähe von Gewässern immer etwas moderater ist und somit einen gewissen Schutz vor Frost im Frühjahr bot.

Diese Gesetzmäßigkeit wurde in Deutschland bis in die 1950er Jahre mehr oder weniger beibehalten. Bis dahin wurde in den Steillagen Wein, aber im Flachland Kartoffel, Rüben, Getreide oder Gemüse kultiviert.
Aus solchen steilen Lagen mit hoher Sonneneinstrahlung – wie am Rhein oder im Kaiserstuhl - kommen auch heute noch die besten deutschen Weine.  Jenseits solcher optimalen Lagen nehmen die witterungsbedingten Risiken (Frost, Regen,Kälte, Rebenkrankheiten, mangelnde Qualität) zu und desto mehr wird in die Entstehung eines Weins eingegriffenDazu liefert die Chemie für den konventionellen Weinbau zahlreiche mehr oder weniger für Umwelt undMenschen schädliche Spritzmittel. Aber auch der biologische Weinbau ist immer noch auf Kupfersulfat für den Schutz der Reben gegen Mehltau angewiesen. Damit Weine aus nördlichen Weinbaugebieten genießbar werden, erlaubt das Weingesetz, zuckerarmen Most vor der Gärung mit Zucker anzureichern (chaptalisieren) um den Alkoholgehalt zu erhöhen.
Nach der Gärung kann Qualitätsweinen Traubenmostkonzentrat zugefügt werden um einen zu hohen Säuregehalt geschmacklich zu kaschieren. Einen zu hohen Alkoholgehalt verhindert man im Süden mit einer vorzeitigen Ernte, und wenn der Säuregehalt zu niedrig ist, darf Zitronensäure eingesetzt werden. 

Generell ist der Breitengrad, neben anderen Faktoren, Voraussetzung für einen möglichst natürlichen Weinbau. Es gibt jedoch Weinberge in Spanien, Italien, Marokko und anderswo an der Grenze zum 30. Breitengrad auf mehr als 1.000 m über Meereshöhe mit einem gemäßigten Mikroklima, in dem hervorragende Weine entstehen können.

Wir wissen dass Bioweinbau besonders günstige äußere Bedingungen benötigt um guten, aromatischen, geschmacksvollen und harmonischen Biowein erzeugen zu können. Wir finden sie vorwiegend in mediterranen Weinbergen, die wir sehr gut kennen.

Mit herzlichen Grüßen,
Erich Hartl