Montag, 30. November 2020

Nachhaltigkeit, Ökologie, Fair Trade, Sozialstandards, biologische Landwirtschaft und Qualität

Erich Hartl hartl@weinpur.de http://www.biowein-pur.de/

Kurz vor der Lese. Bild: Yvonne Berardi


Wie viel steckt hinter diesen Begriffen tatsächlich?  Einen Grund, darüber nachzudenken hatte ich, als ich für einen Kunden 5.000 Liter weißen, relativ neutral schmeckenden Bioweißwein finden sollte, der zur Zubereitung eines Glühwein/Punschähnlichen Getränks für Weihnachtmärkte geeignet sein sollte.


Auf Anfrage erhielt ich von der Bodegas Mundo de Yuntero, einer Genossenschaft mit mehr als 5.000 Hektar Weinbaufläche ein Preisangebot über € 0,52 für den Liter. Ein ähnlich großer Betrieb bot Mengenabhängige Preise an und zwar € 0,48 für 5.000 l, € 0,38 für 10.000 l und 0,28 für 30.0000.


Nach Abzug der Betriebskosten der Genossenschaft kann für Weinbauern (Besitzer der Weinberge) und deren Mitarbeitern, kaum noch etwas übrig bleiben.  Bald werden sie gezwungen sein, den letzten ungenutzten Grünstreifen, den letzten Strauch und Baum zu entfernen um noch mehr Reben zu pflanzen.


Angenommen, wir würden so verfahren wie es einige größere Importeure tun und 30.000 l eines solchen Weines nach Deutschland transportieren, in 0,75 l Flaschen abfüllen und etikettieren lassen, dann könnten wir ihn -  je nach optischer Aufmachung des Flaschenetiketts -  zu einem Durchschnittspreis von  € 4,75/Flasche 0,75 l  verkaufen.  


Sie würden also für eine Flasche Wein, deren Inhalt nur € 0,21 wert ist € 4,75 bezahlen. In diesem Fall sind Kosten für den Transport von Spanien nach Deutschland und innerhalb Deutschlands mit € 0,82 fast 4 Mal so hoch wie die Kosten für den Wein. Oder, um das Missverhältnis noch anschaulicher zu machen: Bei einem Flaschenpreis von € 4,75 sind € 0,21 (4,5 %) für den Wein und € 4,54 ( 95,5 %) für Flasche, Kork, Etikett, Flaschenkapsel, Flaschenfüllung, Transporte, Lagerhaltung und Gemeinkosten, Vertrieb und Gewinn des Händlers. 


Nehmen wir einmal an, der Weinbauer erhielte 2/3 des Verkaufspreises der Genossenschaft von € 0,19 pro Liter. Wenn er 100 hl/Hektar erzeugt, eine in Spanien übliche Menge für schwache Weine, dann würde er pro Hektar einen Ertrag von € 190,00 und bei 100 Hektar von € 19.000/Jahr erzielen. Wenn er keine anderen Einnahmequellen hätte, könnte er davon nicht leben. Er könnte eine so große Fläche weder selbst bearbeiten, noch Arbeitern einen fairen Lohn bezahlen. Zum Vergleich: in Deutschland leben viele Winzerfamilien von Weinbergen mit weniger als 10 Hektar, vorausgesetzt sie erzeugen ordentliche Weine und verkaufen nicht im Tank.


Die anfangs gestellte Frage, wie viel Nachhaltigkeit, Ökologie, Fair Trade, Sozialstandards, biologische Landwirtschaft und Qualität in solch billigen Weinen enthalten ist, können Sie sich selbst beantworten.


Wir ziehen daraus den Schluss, jetzt keine Weine mehr anzubieten, die weniger als ca. € 7,00 kosten, denn darunter ist es keinem Winzer möglich, ein Mindestmaß an Standards einzuhalten, die wir von einem Biowein erwarten. Für Weine aus biodynamischem Weinbau sind wir bereit auch mehr zu bezahlen.


Herzliche Grüße

Erich Hartl


hartl@weinpur.de

www.biowein-pur.de



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